Worte taugen mehr als Bilder

Aerger

 

Mein Aerger:

Die Verarmung der deutschen Sprache, oder wie die Globalisierung die deutsche Sprache beschmutzt.

Ich stelle fest, dass in der deutschen Schweiz Englisch zu einem Krebsgeschwür geworden ist. Nicht etwa die englische Sprache als solche, sondern deren Missbrauch und völlig nutzlose und oft auch falsche Anwendung. 

Die Stadt Luzern hat längst keinen Bahnhof mehr sondern eine Rail City, die VBL (Verkehrsbetriebe Luzern) werben mit “Quality is our Passion“, in Ebikon will man den Ebisquare bauen, das Telefonbuch ist gestorben, es nennt sich Directories,  der Geschäftsführer wurde zum CEO “aufgewertet“, mein Hauswart nennt sich nun stolz Facility Manager, der Benutzer wurde zum User, Nachrichten sind News. Und News wird dann völlig falsch als Plural verstanden. Kürzlich las ich irgend wo “No News are good News“. Es heisst in God‘s name “No News IS good News“, denn News wird im Englischen als Singular verstanden. 

Da gibt es Care Teams, man formiert für jeden Seich eine Task Force, an Meetings muss ich an Workshops teilnehmen, wo dann ein Brainstorming veranstaltet wird. Die Komödie ist abgeschafft, ich schaue auf SF statt dessen eine Comedy, die gar nicht funny ist. Im Supermarket kann ich Convenience Food für Weightwatchers kaufen, das dann ein Label ist. Wenn aber mal ein englisches Wort im Deutschen gleich gebraucht wird, spricht‘s der Schweizer falsch aus: Ein Steak ist eben kein “Stiek“ sondern ein “STEIK“ verdammt noch mal, genau so wie Roger Federer sich jeweils kein “Brieck“, sondern eben ein “BREIK“ holt. Das müsste eigentlich auch der Bursche in meiner  Metzgerei wissen, als er mir kürzlich wieder so ein “Schtiek“ zu einem “Discount Price“anbot.  

Soll ich nun wirklich im Do it yourself, wo es nur Selfservice gibt, shoppen gehen? Oder hole ich mir etwas Passendes für meine Schwiegermutter im Giftshop? Nur im worst case und höchstens in emergency.

Die Stadt Luzern hat aufgrund vieler Einsprachen nun keine Sunset City Beach mehr. (Wollten die Einsprecher lieber einen schweizerdeutschen Namen?)

Die Schlagzeile wurde zur Headline, irgend ein Prominenter bekommt statt eines Ehrenpreises einen Award, und dieser Event wird dann als Highlight vom Fernsehen live ausgestrahlt. Sale ist nicht etwa Salz auf italienisch, sondern ein hundsgewöhnlicher Ausverkauf. Man hat einen Lifestyle, macht Wellness und badet im Whirlpool, wir fahren Shuttle Bus, wir chatten und talken, es gibt Workaholics und Trouble shooters. Jede Bude hat eine Corporate Identity auch wenn sie nur Fast Food im Take away Service anbietet. Youngsters outen sich im Facebook, der Newcomer wird zum Winner und zum Shooting Star. Nordic walking und biken an der Lakeside boomen. 

Neulich verpasste mir ein Hair Stylist einen Haircut, dies hätte der Dällebach Kari ebenso gut, und ganz easy fertig gebracht. 

Den Regiotalk auf einer bestimmten Local-TV-Station schaue ich mir nicht mehr an.

Suchen Sie verzweifelt den Ausgang aus einem öffentlich zugänglichen Gebäude, halten Sie genauestens Ausschau nach dem grünen Schild “EXIT“, seien Sie aber nicht erstaunt, wenn Ihnen nun Leute begegnen, denn auf der entgegen gesetzten Seite dieses Exits ist eben der Eingang. Wer nun das Gebäude durch den EXIT betritt, praktiziert nichts anderes als ein Multitasking. 

An den kaufmännischen Berufsschulen heisst das Buchhaltungslehrbuch “Basic Accounting“, Rechtskunde ist zu “Basic Law und Special Law“ degradiert worden, das Lehrbuch in Volkswirtschaft heisst “Economics“. Bald lernen die Schüler German statt deutsch. 

An der Uni schliesst man seine Studies als Bachelor oder Master ab und ist dann ein Graduate.

Die FDP (Federal Democratic Party?) schlägt mit EasySwissTax eine Flat Rate vor. Ob dies die Shareholders freut?

Die gute alte Fussball-Nationalliga A wurde plötzlich zur Super League, (über Nacht spielen die Pfeifen plötzlich super), die Nationalliga B nennt sich Challenge League, Eishockey Mannschaften nennen sich Flyers, Lakers, Lions. Das Tolle daran ist, dass manche Sportler selber nicht wissen, was das heisst. Ein Flyer ist ja auch ein Flugblatt. Ein mir persönlich bekannter Challenge League “Player“ wusste nicht was Challenge bedeutet, bevor ich ihn aufklärte. Kein Witz!!!

Eine Metastase des eingangs erwähnten Krebsgeschwürs ist der Missbrauch von “Swiss“. Damit meine ich nicht die “Swiss International Airline“, die ja nach dem Swissair-Grounding 100 prozentig nicht mehr Swiss, sondern German ist. Nein, ich meine einige echte Schweizer Institutionen und Unternehmen: 

Das Bundesamt für Landestopografie heisst offiziell Swisstopo. (Merke: Topo ist italienisch und heisst Maus. Was muss da der Tessiner denken?) 

Ich frage Euch, wer oder was ist Swissmedic, Swissmint, Swissmem, Swissec, Swisscor, Swissgrid, Swiss Brass, Swissmilk, Swissint, Swisspor, Swissmill, Swissness, Swissbath, Swiss Prime Site, SwissRE, K-Swiss, Swissreg, Swiss Lodge, Swissboring? “Boring“ heisst langweilig. Ob nun Swissboring die Schweiz als langweiliges Land verkauft, wäre noch zu erforschen. 

Was mich ganz besonders ärgert, ist der neue Name des guten, alten Stadions des FCL, die Allmend. Ein Sponsor brachte es tatsächlich fertig, mit paar Millionen dem neuen Stadion seinen Namen aufzuwingen. Swisspor tönt für einen Englischsprachigen nämlich "Arme Schweizer", eine totale Lachnummer. Welcome Manchester United zu einem Footballgame in Lucerne.

Wetten, dass es ein Herr Bünzli fertig brächte, mit einigen Millionen mehr, seinen eigenen Namen zu verewigen. Geld stinkt bekanntlich nicht. Ich ginge dann eben in die Bünzliarena oder auch nicht.

Ein weiterer Unsinn ist der falsche Gebrauch des englischen Genitiv S (‘s) für den englischen Plural. Nicht Snack‘s sondern Snacks, nicht Pin‘s sondern Pins, nicht Kid‘s sondern Kids, nicht Sandwich‘s sondern Sandwiches, please. 

Auf einem EMMI Kafirahmdeckeli lese ich: "Swiss by Night". Sammeln Sie diese Deckeli, denn sie werden wegen der englischsprachigen Todsünde einen unschätzbaren Wert bekommen.

Der neueste Schrei ist natürlich der “Whistleblower“. “Whistle“ heisst Pfeife, “Blower“ heisst Bläser. Der Whistleblower ist also ein “Pfeifenbläser“. Die “Whistleblowerin“ ist somit eine pfeifen-blasende Frau. Whistleblowerinnen gibt es eigentlich gar nicht, da der englische Begriff “Whistleblower“ beide Gechlechter umfasst. 

Ich nehme es vorweg, ein Football Referee ist damit nicht gemeint.

Frage:

Wie formuliere ich ein Verb von “Whistleblower“ und wie wird es konjugiert? Etwa so?:

Ich whistleblowe, du whistleblowst, er whistleblowt, wir whistleblowen, ihr whistleblowt, sie whistleblowen. 

Wurden nun zwei Mitarbeiterinnen des Sozialamtes Zürich strafrechtlich verfolgt und gar mit Busse bestraft, weil sie gewhistleblowt oder whistlegeblowt haben? Der Duden gibt da keine Auskunft. Ich warne Euch: Whistleblowt ja nicht,  ihr macht euch strafbar!

Uebrigens: Johann Ambrosius Bach (1645-1695), der Vater des berühmten deutschen Komponisten Johann Sebastian Bach (1685-1750) war von Beruf Pfeifenbläser in Eisenach. Er  stand dafür nie vor Gericht, weil er eben kein Whistleblower war.

Und noch was:

Glücklicherweise wurde endlich das “Health Care Management“ erfunden. So können vielleicht die kranken Kosten im Gesundheitswesen gesenkt werden. 

Diese Litanei könnte ich noch lange weiterführen, tu es aber nicht, denn ich möchte weder  ein Burnout kriegen noch vor Aerger “drop off my chair in front of my Mac“, und damit meine ich nicht den Donald‘s. Hier stimmt der Apostroph. Ich weiss, dass die Fast Food Chain nicht MacDonald's, sondern McDonald's heisst.

Ich präzisiere: Fast Food heisst weder “nahezu“ Nahrungsmittel noch Nahrung zum “Fasten“, obwohl ich es persönlich für möglich halten würde, wenn ich nicht wüsste, dass “Breakfast“ (unser z‘Morge) eigentlich “Fastenabbruch“ heisst. 

Endlich was Positives:

Das grössere Weltwunder als die NEAT selbst, ist, dass ihr keine englische Bezeichnung gegeben wurde. 

Fazit:

Es ist an der Zeit, dass English endlich als 5. Landessprache in der Swiss Constitution verankert wird. Dazu müssen aber die Swiss People (nicht die Peoples) zuerst einmal voten. 

Tschau zäme. 

Euer, sorry, yours 

Walter Ineichen

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