Worte taugen mehr als Bilder

Es Märli vom Wirtschaftswachstum

von Walter Ineichen

So, sind ihr alli da? Sitzed ihr bequem?

Ich wirde euch jetz es wahrs G‘chichtli verzelle:

Es Märli vom Wirtschaftswachstum. Losid guet zue.

Es isch emal e riesig grossi grüeni Wise gsi. Si isch i sehr underschidlich grossi Parzälle uufteilt gsi. So-n-es Stück Land hed scho hunderti vo Jahr jewils in ere ganz bestimmte Sippe g‘hört. Die verschidene Sippe hend aber nid die gliich Sprach g‘redt, und hend sich drum au kulturell meh oder weniger starch  vonenand underschide.

I früehnere Jahrhunderte hed‘s drum under de Sippe oft grossi Kämpf g‘gäh, will grossi Sippe g‘meint hend, sie sigid die bessere. Sie hend e Vorherrrschaft welle, und hend de chliine ihres Land strittig g‘macht. Sie hend de Kampf aber regelmässig verlore.

Es isch lang g‘gange bis die Sippe äntlich g‘merkt hend, dass me nid  gägenand sondern nur mitenand e proschperiendi Zuekunft cha ha. 

So hend sie  im letschte Jahrhundert fiirlich en ewig gältende Friede g‘schlosse. 

Jedi Sippe hed ihres Veh uf ihri meh oder weniger fruchtbare Wise tribe, und det la weide.  Die Wise hend dank em Chuedräck g‘nueg g‘sunds Gras chönne la nachewachse, so dass d‘ Chüeh eigentlich g‘nueg z‘frässe g‘ha hend. 

Sie hend someischtens g‘nueg Milch chönne ablifere, so dass d‘Sippe au hend chönne Anke und Chäs härstelle. Was sie nid sälber bruucht hend, hend sie uf em Märt rächt guet chönne verchaufe und hend so eigentlich gar nid schlächt g‘läbt. Die eine e chlii besser als die andere. 

Uf ere chliine Parzälle hed e b‘sunders tüchtigi Sippe g‘wirtschaftet. Sie isch under em Name “G‘nosse“ bi allne Sippe bekannt gsi. Die G‘nosse hend e Chuehrasse g‘ha, wo die bescht Milch g‘gäh hed. Druus hend sie e vil bessere Chäs als alli andere Sippe chönne härstelle. Sie hend aber au besser als alli andere g‘wüsst, wie me richtig chäsed. De G‘nosse-Chäs isch bald emal wältberüehmt worde. D‘G‘nosse hend drum fascht alle Chäs exportiert und sie so ziemlich riich worde. Riicher als alli Nachbere. 

No vor emene halbe Jahrhundert hend d‘ G‘nosse öppe 4000 Chüeh g‘ha. Grad e so rächt, im Verhältnis zu de Grössi vo ihre Parzälle. Ihri Chüeh sind i g‘rümige, helle Laufställ underbracht gsi. Sie hend sich det wohl g‘fühlt, und dusse uf de saftige Wise, wo es für sie immer meh als g‘nueg Platz und z‘Frässe g‘ha hed, erscht rächt. Drum hend sie sich prächtig entwicklet, sind g‘sund gsi, und vor allem hend sie vil gueti Milch  g‘gäh.

Im Verlauf vo de folgende Jahr hend G‘nosse immer meh und meh ahg‘fange dänke, wenn mer meh Chüeh hätt, chönnt mer au meh Chäs produziere und exportiere, und me chönnti so immer meh Gäld verdiene, und de  Wohlstand fördere, und i de Nachkomme e rosigi Zuekunft sichere. 

Sälber meh Chüeh nache z‘züchte hed mer aber nid räntabel g‘funde.

Also hend d‘Gnosse sich bi anderne Sippe umg‘seh und scho bald  feschtg‘stellt, dass au die Hochleischtigschüeh hend. Einigi Sippe hend sogar meh devo g‘ha als sie sälber benötigt hend. 

D‘ G‘nosse hend also i de Folg mit den andere Sippe es Abkomme g‘schlosse, dass sie ihne i de nächschte Jahre en unbestimmti Azahl Chüeh abchaufe wärdid. Die Schlaumeier hend nämli uusg‘rächnet, dass dä Chuehhandel für sie billger wird cho als en eigeni Zucht. 

Jedes Jahr hend jetzt drum meh und meh Chüeh uf de saftige Wise vo de G‘nosse g‘weidet. Sie hend wacker Milch g‘äh und d‘Gnosse hend euphorisch g‘chäsed. De Chäsexport hed floriert. 

Für die zusätzliche Chüeh hed mer natürlich au immer meh neui Ställ müesse baue. Das hed au d‘Bauwirtschaft beflüglet. Land für die Ställ hed mer ja g‘ha.

“Vorläufig scho no“ hend g‘schiidi, kritischi Stimme g‘meint. Uf die hed mer natürlich chum g‘lost. 

I de Ziitige isch immer wieder z‘läse gsi: “Vil wichtiger als sich über über Landresärve Sorge z‘mache sig doch, dass d‘ Chäsproduktion jedes Jahr grösser wärdi, und das hauptsächlich  dank de Chüeh, wo mer vo de nachbarliche Sippe übernoh hed.“

Hauptsächlich die G‘nosse, wo d‘ Chäsproduktion und de Chäsexport kontrolliert hend, und debii sehr riich worde sind, hend natürli bi jedere G‘lägeheit prediged, dass es stetigs Wirtschaftswachstum unabdingbar für de Wohlstand vo allne sig. Ohni Wachstum würdi mer bald emal i d‘Armut absinke. 

Und sehr vili G‘nosse hend dene Prediger g‘glaubt. Sie hend nämli insgeheim g‘hofft, au einisch riich z‘wärde. 

I de iiheimische Vehzucht hend d‘G‘nosse immer weniger Beachtig g‘schänkt. Mit de usländische Chüeh hed mer ja meh verdient. 

Wo do aber de Chuebestand d‘8000er Marke überschritte g‘ha hed, hend die kritische Stimme wieder meh Beachtig g‘funde. Die neue Ställ und die neue Chäsereie hend nämli enorm vil Land uufg‘frässe. Au Transportwäg hend zum Landfrass biitreid. D‘Stimmig hed um 180 Grad umg‘schlage. 

D‘Landesregierig isch vo-n-ere Mehrheit vo de G‘nosse in mit ere Initiative uufg‘forderet worde, unverzüglich Massnahme z‘träffe, dass de Zuestrom vo Chüeh us de Nachberschaft uufhört. 

Gäge die Uufforderig sind natürli d‘Chäsproduzänte Sturm g‘loffe. Me heig ja schliesslich über Chuehübernahme bindendi Verträg mit de Nachbere. Und wenn mer die chünde würdi, würdid au anderi Verträg hifällig. Im schlimmschte Fall würdid d‘Nachbere sogar de Import vom G‘nossechäs mit so höche Zöll belegge, dass de Export sofort zämebräche würdi. Und de heiged mer de de Dräck.

D‘Landesregierig hed aber d‘Initiante vertröschtet und g‘seid, sie bruuchi jetz zerscht emal drü Jahr Ziit, um mit de Nachbere die neuei Situation z‘erörtere. Tatsächlich hed sie aber die Initiative gar nid welle umsetze. 

Es isch nüd passiert, usser dass de Chuebestand immer grösser worde und d‘ Stallneubouerei munter wiiter g‘ange-n-isch.

Und d‘Initiante wartid no immer uf d‘Umsetzig vo ihre Initiative.

Und wie‘s wiiterg‘gange-n-isch, verzell ich euch de ‘s nächscht Mal.

 

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